In Niedersachsen werden Kinder schulpflichtig, wenn sie bis zum 01.10. des laufenden Jahres ihren 6. Geburtstag feiern. Es kommt jedoch vor, dass Eltern wie auch evtl. der Kindergarten feststellen, dass das Kind für eine reguläre Einschulung noch nicht „weit“ genug ist. Das niedersächsische Schulgesetz bietet daher folgende Möglichkeit:

„Mit dem Beginn eines Schuljahres werden die Kinder schulpflichtig, die das sechste Lebensjahr vollendet haben oder es bis zum folgenden 30. September vollenden werden. Auf Antrag der Erziehungsberechtigten können Kinder, die zu Beginn des Schuljahres noch nicht schulpflichtig sind, in die Schule aufgenommen werden, wenn sie die für den Schulbesuch erforderliche körperliche und geistige Schulfähigkeit besitzen und in ihrem sozialen Verhalten ausreichend entwickelt sind. Diese Kinder werden mit der Aufnahme schulpflichtig. Schulpflichtige Kinder, die körperlich, geistig oder in ihrem sozialen Verhalten nicht genügend entwickelt sind, um mit der Aussicht auf Erfolg am Unterricht der Grundschule oder einer Förderschule teilzunehmen, können vom Schulbesuch um ein Jahr zurückgestellt werden. Sie können verpflichtet werden, zur Förderung ihrer Entwicklung einen Schulkindergarten zu besuchen.“

Quelle: NSchG § 64

Wer entscheidet?

Über die Einschulung entscheidet einzig und allein die Schulleitung. Dementsprechend auch über eine etwaige Zurückstellung. Eine Zurückstellung kann auf Bestreben der Schulleitung oder auf Antrag der Eltern (und Entscheidung der Schulleitung) ausgesprochen werden. Eine Zurückstellung ist ein Verwaltungsakt, d. h. die Schulleitung muss prüfen, inwieweit des „Recht auf Bildung (Grundgesetz)“ und die Pflicht zum Schulbesuch (§ 64 NSchG) ausgesetzt werden. Hierbei muss zum Wohle des Kindes abgewogen werden. Eine Stellungnahme des Kindergartens, des Kinderarztes oder das Ergebnis der Einschulungsuntersuchung (Gesundheitsamt) können bei der Entscheidungsfindung helfen. Die Entscheidung obliegt jedoch allein der Schulleitung. Bei grenzwertigen Fällen, wird die Schulleitung sich das Kind persönlich anschauen, sich mit den Eltern intensiv beraten und ggf. noch schuleigene Tests durchführen.

Frist zur Zurückstellung

Es gibt keine Fristen für einen Antrag auf Zurückstellung vom Schulbesuch vor der Einschulung. Mit der fristgerechten und verpflichtenden Aufnahme in die Schule beginnt die Schulpflicht. Für Niedersachsen heißt das am Einschulungssamstag (immer der erste Samstag nach Beginn des neuen Schuljahres). Eine Entscheidung kann somit auch noch recht kurzfristig erfolgen, auch wenn das nicht angestrebt werden sollte. Das begründet sich in der schon erfolgten Klassenzusammenstellung, den Planungen der Klassenleitungen, der in der Regel schon erfolgten Anschaffungen seitens der Eltern und natürlich der schon erfolgten Einstimmung des Kindes selber.

Zurückstellung nach Einschulung

Die Zurückstellung nach der Einschulung ist ein Sonderfall. Im Zuge der veränderten Pädagogik und der etablierten Inklusion muss die Schule sich noch mehr auf die unterschiedlichen Lernausgangslagen der Kinder einstellen. Der Fokus liegt hierbei auf der individuellen Förderung, gerade bei Kinder mit Startschwierigkeiten.

Das sogenannten Ausschulen von Kindern von Amtswegen aufgrund von zu starken Defiziten bei schulpflichtigen und eingeschulten Kindern gibt es nicht mehr. Hier kann eine Zurückstellung nur noch auf Antrag (und nach Beratung der Schule) erfolgen.

Die Entscheidung trifft auch hier wieder allein die Schulleitung.

Schulkindergarten

Wenn ein Kind vom Schulbesuch zurückgestellt wird, kann der Besuch des Schulkindergartens angeordnet werden. Dies setzt natürlich voraus, dass die Schule / die Gemeinde über einen Schulkindergarten verfügt. Der Schulkindergarten ist eine Schulgliederung der Grundschule und unterliegt den Gesetzgebungen der Schule.

Es ist nicht zulässig, dass der Besuch eines Regel- oder Integrationskindergartens angeordnet wird!

Der verpflichtende Besuch des Schulkindergartens (wenn vorhanden) wird meist dann ausgesprochen, wenn das Kind über erhebliche Defizite im kognitiven, motorischen und/oder sozialen Bereich verfügt.

Meine Meinung:

Schulpflicht/Zurückstellung hin oder her, es muss immer zum Wohle des Kindes entschieden werden. Ganz gleich, aus welchen Gründen das Thema in Betracht gezogen wird. Die Schule (die Schulleitung) muss sich die Bedenken der Eltern anhören und ernst nehmen. Auch müssen Eltern offen sein für Beruhigungen und Versuche der Schule, evtl. „klassische“ Bedenken auszuräumen. Hier müssen sich beide Seiten mit Empathie und mit sorgsamen Blick auf das Kind beraten und gemeinsam eine Entscheidung vorbereiten. Diese kann sich im offensichtlichen Fall schon fast ein Jahr vorher abzeichnen oder (in Ausnahmefällen), auch noch einen Tag vor der Einschulung getroffen werden.

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Björn Bauch

Über mich:

Ich bin seit 20 Jahren im niedersächsischen Schuldienst tätig, 10 Jahre davon als Leiter einer 3-zügigen Grundschule. Mein Anliegen ist das Helfen bei schulischen Fragen, das Herstellen von Transparenz sowie – das möglicherweise – Richtigstellen von falschen Annahmen in Bezug auf die Rechtslage.

Schon vor vielen Jahren habe ich diese Webseite sukzessive erstellt, um die immer wieder auftretenden Fragen bei Eltern beantworten zu können.